Der supersalone, die vom Architekten Stefano Boeri kuratierte Sonderveranstaltung des Salone del Mobile.Milano, öffnete vom 5. bis zum 10. September 2021 als erste große Designausstellung ihre Tore. Sie bot eine Plattform für kreative Experimente, zeigte was eine internationale Möbelmesse in Zukunft ausmachen sollte und bekräftigte die zentrale Stellung Mailands und des Salone in der internationalen Design-, Kultur- und Innovationsszene.
Nachdem die Welt ab März 2020 in den pandemiebedingten Lockdown gesetzt wurde, war an Messen und Events nicht mehr zu denken. Unternehmen und DesignerInnen mussten Prozesse neu koordinieren, Visionen hinterfragen, neue Wege finden und in digitale Lösungen investieren. Mit dem supersalone wurde in nur wenigen Monaten eine Sonderveranstaltung auf die Beine gestellt, die Hoffnung auf einen Neustart gibt. Sie wirft aber auch Fragen auf, wie nachhaltig, flexibel und hybrid eine moderne Möbelmesse sein sollte, welche Ästhetik gefragt ist, welches Publikum man ansprechen möchte und welche Angebote hierfür nötig sind. Bespielt wurden die ersten vier der insgesamt 24 Pavillons der Fiera Milano mit etwa 1.900 Projekten auf knapp 69.000 Quadratmetern.
Statt aufwendig gestalteter Wohnwelten wurde entlang der vorgegebenen Gänge eine Produktessenz der Aussteller im Schnelldurchlauf präsentiert. Da nur wenig Personal auf den Flächen zugelassen war, bedienten QR-Codes zum Abscannen und eine eigene App des supersalone den Bedarf nach weiteren Informationen. Virtuelle Vorstellungen von Produkten und Marken, Interviews und Podcasts wurden parallel angeboten.
Nachhaltigkeit und Handwerk
Zwei Themen, die über jedem Messestand zu schweben schienen: Die Nachhaltigkeit und das Handwerk. Möbel sollen wieder langlebig sein: multifunktional, in allen Wohnbereichen einsetzbar und modular im Aufbau, ohne dabei an Komfort oder Ästhetik einzubüßen. Statt einseitiger Funktion zählte ein lebensnaher Ansatz und die Möglichkeit zu einer Individualisierung, die über das Wechseln des Bezugs oder die Auswahl der Farbe hinausreichen.
Bestehendes hinterfragen
Bestehende Sichtweisen hinterfragen und in eine neue Form bringen, war ein Ansatz, den viele Produktneuheiten auf dem supersalone spiegelten. Ecken und Kanten sah man dabei selten – stattdessen standen organische Körper, sanfte Abrundungen und weiche Bezüge in natürlichen Farbtönen hoch in Kurs.
Neue Wertschöpfung
Während die etablierten Hersteller daran arbeiten, Prozesse zu optimieren, stehen die Überlegungen der jungen Generation eher unter dem Titel der Wertschöpfung. Die Arbeiten in den Ausstellungen "The Makers Show", die den selbst produzierenden DesignerInnen aus aller Welt gewidmet war sowie die Projekte der StudentInnen in der "The Lost Graduation Show" zeigten so zahlreiche Materialexperimente: beispielsweise für Lederalternativen oder den Ersatz von Kunststoffasern mit Jute, Flachs und Hanf aus lokaler Produktion. Diese zu unterstützen, soll auch eine Verminderung der Transportwege ermöglichen und dezentral gelegenen Produzenten neue Möglichkeiten zum wirtschaftlichen Aufschwung gewähren.
Was bleibt nun vom supersalone?
Nach all den Monaten ohne physische Veranstaltungen bot er ein Moodboard für die Themen, die spätestens seit Ausbruch der Pandemie auch im Design in den Mittelpunkt gerückt sind: Die Suche nach einer formalen Essenz, in der eine neue Wertschätzung für das Handwerk und die natürlichen Ressourcen mündet. Das experimentelle Format war dabei sicherlich ideal, um neue Ideen auszuprobieren und die Herstellung sowie Präsentation von Produktdesign inklusiver und nachhaltiger zu gestalten. Welche Elemente der Salone del Mobile auf die reguläre Messe überträgt, wird sich im nächsten Frühjahr zeigen.